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Bürgersprechstunde – Runder Tisch – Schreiben an den Münchner Oberbürgermeister

Aus aktuellem Anlass, weil für einen weiteren offenen Brief benötigt, trage ich hier meine Mail an den Oberbürgermeister der Stadt München vom 23. April 2023 nach:

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Dieter Reiter,

ich hatte mich am Donnerstag, den 20.4.23, in der Bürgersprechstunde in Sendling-Westpark gleich zu Beginn zu Wort gemeldet und die Ausgrenzung eines großen Teils Ihrer Bürger thematisiert. Ich hatte nicht den Eindruck, dass Sie nachvollziehen konnten, was wir Ungeimpften über Monate zu erdulden hatten. Jedenfalls deute ich das Kopfschütteln auf dem Podium so, als ich erwähnte, dass wir – inklusive unserer Kinder – nicht in den Zoo oder die Stadtbibliothek durften, in kein Restaurant und auch nicht in ein Schwimmbad – und dies ohne jeden validen Grund.

Ich bin fest davon überzeugt, dass nur durch Gespräche und eine Offenheit für die Position des anderen ein Verständnis erzeugt werden kann. Aus diesem Grund haben wir vom „Wir-Gemeinsam-Bündnis“ bereits mehrfach das Gespräch mit Ihnen gesucht. Leider haben wir bisher weder von Ihnen noch von irgendjemandem sonst aus den Regierungsfraktionen im Münchner Stadtrat eine Reaktion erhalten. Daher erhalten Sie unter diesem Link noch einmal unseren letzten offenen Brief mit dem wir die gestern angesprochene Amnestie hinsichtlich der Bußgelder und einen runden Tisch zur Aufarbeitung und Aussöhnung bereits im September 2022 thematisiert haben.

Eine Aufarbeitung halte ich für zwingend erforderlich, damit die richtigen Schlüsse gezogen werden können, um begangene Fehler nicht zu wiederholen. Es ist auch nicht so, wie Sie sagen, dass Sie ausführen mussten, was Ihnen von oben vorgegeben war – und was sich mit unserer Historie und gerade als Bürgermeister dieser Stadt ohnehin verböte. Es gab genug, wo Sie über das verordnete Maß hinausgegangen sind, was Sie selbst in der Hand hatten und wo Sie nicht nur nicht gegen Unrecht eingetreten sind, sondern dieses bis teils in dystopische Zustände ausgeweitet haben. Ich erinnere mich noch sehr gut an Durchsagen aus Polizeifahrzeugen am Geschwister-Scholl-Platz (!) gegen Spaziergänger, die damals schon gut informiert waren und wussten, was nun seit Wochen immer mehr eingeräumt werden muss:

„Es folgt eine Durchsage Ihrer Münchner Polizei. Der Infektionsschutz hat höchste Priorität. In Bayern gilt ein Ansammlungsverbot. Beachten Sie daher die Kontaktbeschränkungen. Für die Stadt München wurden nicht angemeldete Versammlungen, Coronaspaziergänge und Kerzendemos untersagt. Die Teilnahme an untersagten Versammlungen stellt eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einer Geldbuße bis 3.000 Euro geahndet werden kann. Der Infektionsschutz hat höchste Priorität.“ Entspechend dieser Durchsage ging die Polizei dann auch gegen friedliche Spaziergänger vor.

Sie haben nicht nur in Ihrer Stadt den vollkommen unnötigen und gefährlichen Impfdruck auf Kinder erhöht, sondern auch Menschen, die sich dagegen und gegen eine sie betreffende Impfpflicht wehren wollten, pauschal diffamiert und sie ihrer Grundrechte beraubt – durch einen Verwaltungsakt! Das ist einmalig in der Geschichte der BRD und das haben Sie in kommunaler Verantwortung gemacht. Der Innenminster Bayerns, Joachim Herrmann, nahm sich Anfang Januar Zeit für ein Gespräch, bei dem wir einiges klären und die Lage etwas entschärfen konnten. Sie hingegen haben bis heute auf die mehrfachen Gesprächsangebote nicht einmal reagiert. Vor diesem Hintergrund auf fehlende Handlungsspielräume zu verweisen, trägt nicht. In einer Demokratie muss es immer die Möglichkeit des Austausches geben, um die andere Seite zumindest zu hören und hoffentlich dann auch zu verstehen. Der Innenminister wies darauf hin, dass die Bayerisch Verordnung Masken im Freien nicht einmal vorsehe. Ihr Parteikollege Lauterbach musste nun auch zugebeben, dass eine Maskenpflicht im Freien Schwachsinn ist. In Nürnberg konnte man zur gleichen Zeit ohne Masken mit tausenden Menschen friedlich demonstrieren. Ich war selbst dort. In Ihrem Verantwortungsbereich war dies nicht möglich.

Es gibt also genug aufzuarbeiten und auch noch genug, was uns noch lange Zeit beschäftigen wird. Ich gehe daher nicht davon aus, dass das alles „vorbei“ ist und die Menschen wieder normal leben können, denn viele können gerade das nicht, weil sie von Long Covid bzw. massiven Nebenwirkungen der Impfung betroffen sind. Hier braucht es Unterstützung und Strukturen.

Ein runder Tisch kann ein Signal an die Stadtgesellschaft sein, Verletzungen und spürbare Spaltung bis in die Familien zu überwinden, Wissen und Erfahrungen sichern, für die Zukunft so besser aufgestellt und gewappnet zu sein und wieder gemeinsam in die Zukunft zu blicken sowie verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen.

Demokratie lebt vom Auseinandersetzen und Zusammensetzen. Im Rahmen des Ausbaus der Öffentlichkeitsbeteiligung halte ich es für wichtig, die Erfahrungen der Bürger als Betroffene der Maßnahmen zu hören, auch um das Verständnis für das Erlebte zu entwickeln.

Ich hoffe, dass wir nun eine Antwort auf diesen Brief erhalten und in der Stadtgesellschaft wieder vorankommen und zusammenfinden.

Mit freundlichen Grüßen

Jürgen Müller

Wer meine Arbeit honorieren möchte, findet unter diesem Link ein paar Möglichkeiten zur Unterstützung zur Auswahl. Vielen Dank!