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Kellermanns „demokratischer“ Augenblick

Überraschend ehrlich meldet sich in seltenen Momenten die gigantische Medienkrise zu Wort und wird so für viele in einem kurzen Augenblick sichtbar, bevor sie wieder mit allem möglichen Ablenkungsmüll überlagert wird. Dabei lohnt es sich, genau auf solche Momente zu blicken und diese festzuhalten. Denn die Medienkrise ist der Kern aller aktuellen Probleme. Keine der aktuellen Krisen hätten wir in dieser Intensität, wenn vor allem der öffentlich-rechtliche Rundfunk seinen Job machen würde.

Allerdings haben wir sowohl in der Coronakrise als auch im Hinblick auf den Ukrainekrieg erlebt, wie sehr der öffentlich-rechtliche Rundfunk zu einem Propaganda-Instrument der Regierung verkommen ist. Um nur wenige Beispiele unter Myriaden zu nennen: In der Coronakrise erlangten Mai-This Fake-News…

…Bosettis Blinddarm-Vergleich oder Sarah Frühaufs Hetzkommentar gegen Ungeimpfte traurige Berühmtheit. Hier eine wunderbare Zusammenstellung:

Dafür mussten einige der Protagonisten nachträglich mit Preisen beleumundet werden, um in der öffentlichen Meinung wegen dieser bisher wohl weithin noch unbekannten aber bekannter zu werdenden Entgleisungen mit einem prophylaktischen Schutzschild bedacht zu werden. Wären sie weitläufig bekannt, hätte es doch wohl einen breiten Entrüstungssturm gegeben (oder?!?), der all diese Hetzer aus ihren Positionen gefegt hätte. Es sei denn man neigt der Doppelmoral zu und bejubelt, dass sich die Täterinnen gegenseitig mit Preisen kennzeichnen.

Mit der Ukrainekrise ging es nahtlos weiter. „Legendär“ war besonders die Treibjagd auf Ulrike Guérot, die mit Markus Lanz Worten „Wer fängt an?“ eröffnet wurde.

Heute wissen immer mehr Menschen, was viele auch schon damals wussten: Die Impfung verhindert weder die Ansteckung noch die Weiterverbreitung des Virus. Die Hetze gegen Ungeimpfte war lediglich ein Kampf gegen diese und die Demokratie, nicht jedoch gegen das Virus. Die Hetze war das Virus.

Ebenso verhält es sich mit dem Ukrainekrieg. Die Mahner, die auf die Vorgeschichte hinwiesen, auf unwirksame Sanktionen, die uns stärker treffen würden, auf die Hunderttausnden Toten, die es geben würde, wenn man nicht zu einer Verhandlungslösung käme, die bereits im Frühjahr 2022 auf dem Tisch lag, aber vom Wertewesten nicht gewünscht war – sie behielten Recht. Es steht zu befürchten, dass dies bei anderen Themen genau so weitergeht. Ein Lerneffekt ist nicht zu erwarten.

Denn all die sachlichen Argumente zählen nicht, wenn Ideologie am Werk ist und angeheizt wird, wie noch nie. Es gilt, die Haltung durchzusetzen, die man als die vermeintlich einzig richtige und Gute auserkoren hat. Alles andere wird niederkartätscht. Und so verstieg sich sie WDR-Mitarbeiterin Georgine Kellermann, die selbst dünnhäutig jeden rechtlich belangen soll, der es wagt, sie als Mann zu bezeichnen, zu der Aussage:

„Wir müssen unsere Demokratie auch mit undemokatischen Mitteln gegen ihre Feinde verteidigen. Weil sie es wert ist.“

Jede Telegramgruppe wäre ob einer derart verfassungsfeindlichen Aussage unmittelbar vom Staatsschutz hochgenommen worden. Aber als jemand, der sich dem Lager der „Guten“ zuordnet, darf man so etwas öffentlich auf Twitter äußern, ohne dass es einen Aufschrei gibt, der einer derartigen Entgleisung angemessen wäre.

Es passt jedoch alles zusammen und ins Bild. Georgine Kellermann hetzte auch gegen Ungeimpfte und beteiligte sich emsig an der Zerstörung von Demokratie und Gesellschaft. Es kommt eben nicht nur auf’s Äußere an. Ein genauer Blick hinter die Fassade verschafft oftmals mehr Klarheit.

Besonders hilfreich ist es wie gesagt dabei, wenn in einem Anflug versehentlicher Ehrlichkeit das volle Ausmaß einer gigantischen Medienkrise für alle deutlich sichtbar aufblitzt, bevor er wieder im Donnergrollen der Ablenkungsmaschinerie verschwindet. Umso wichtiger ist es, derartige Aussagen einzusortieren, wie dies der Twitternutzer oder die Nutzerin EverydayisWednesday exemplarisch getan hat:

„Da #Kellermann meint, den gestrigen Anfall von Ehrlichkeit durch pathetische Geschichtsstunden relativieren zu müssen, hier mal eine kleine juristische Geschichtsstunde von mir:

Die “Machtergreifung” heißt nicht umsonst so. Die Nazis wurden zwar demokratisch in den Reichstag gewählt und haben dann zunächst einige Ministerämter erhalten, der Rest des Umbaus des Staates zur NS-Diktatur war aber von diversen Verfassungsbrüchen und “Notverordnungen” gekennzeichnet. Legendär (im negativen Sinn) ist hier die Rechtfertigung seitens Carl Schmitts in seinem Aufsatz “Der Führer schützt das Recht” (unten verlinkt). Darin kommt eben die allen Totalitaristen eigene Denkweise zum Ausdruck, dass wenn es um das “Gute” und “Richtige” geht, es auf alberne demokratische Verfahrensgänge und Individualrechte nicht ankommen darf, sondern über diese hinweggewalzt werden darf und muss. Die klügeren Totalitaristen wissen, dass dies ein Mechanismus ist, der einfach nur auf das Recht des Stärkeren hinausläuft und kämpfen deshalb als ein Wolf unter Wölfen darum, stets in der stärkeren Position zu sein. Die dümmeren Totalitaristen glauben tatsächlich, dass ihre Idee vom “Guten” und “Richtigen” die einzige und allen unmittelbar einleuchtende ist und deshalb immer auf der Gewinnerstraße sein wird.“

Ali Utlu erinnert daran, was früher einmal ausreichte, um unseren (!) ÖRR verlassen zu müssen und wohin es führen wird, wenn ein derartiger Eklat folgenlos bleibt:

„Frau Kellermann zeigt erst ihr undemokratisches Gesicht. Dann bekräftigt sie ihre Aussage, um dann ihren Tweet zu löschen, redet sich dann mit Hape Kerkeling raus, zeigt ein obligatorisches Hitler Bild, um dann auch den Holocaust zu missbrauchen, um ihren Tweet damit doch eine Berechtigung zu geben. Kann man sich nicht ausdenken. Eva Herman musste wegen weniger den ÖRR verlassen.

Kellermann hat ausgesprochen, was viele denken. Das ist das eigentlich Beunruhigende. Es hat sich im progressiven Lager eine nicht zu unterschätzende Strömung entwickelt, die genau diesen “Totalitarismus der Guten” herbei sehnt.“

Das ist die Gefahr. Umso verwunderlicher ist es, dass es keine breite Strömung zum Schutz der Demokratie gibt, die es verunmöglicht, dass solche Stimmen täglich mit solcher Reichweite in die Gehirne der Menschen defäkieren. Das an Gedenktagen vor sich her getragene „Wehret den Anfängen“ nimmt in Wahrheit keiner von den Vorsichhertragenenden ernst, wenn es um die Durchsetzung der eigenen Ideologie geht. Es ist nicht mehr als virtue signalling. Es gehört zum guten Ton, man muss seine Haltung öffentlich zur Schau tragen. Ob man dieser entgegen handelt, spielt dann keine große Rolle mehr. Das ist der Zustand 2023.

Die Medienkrise ist das zentrale Problem für unsere Demokratie. Wenn wir das nicht lösen, wenn wir den ÖRR nicht in den Griff bekommen, wird die liberale Demokratie, in der ich aufgewachsen bin und glücklich gelebt habe, bald der Geschichte angehören. Genau deshalb ist mein zentrales Anliegen auch für meine Kandidatur zum Bayerischen Landtag die Demokratie.