Zum Inhalt springen
Startseite » Operation Northwoods (Verschwörungstheorien kommen eh raus)

Operation Northwoods (Verschwörungstheorien kommen eh raus)

In diesem Gespräch zwischen Paul Schreyer und Sven Böttcher dreht sich ein Teil um die Existenz von Verschwörungen. Gerade bei den großen Verschwörungen, die den Machtstrukturen gefährlich werden können, wird vehement bestritten, dass es solche überhaupt gebe. Ein Argument ist, dass es zu viele Mitwisser gebe und dies dann ohnehin nicht geheim gehalten werden könne. Ab 1:03:45 widerlegt Paul Schreyer diese These mit der Operation Northwoods. Diesen Ausschnitt habe ich im Folgenden – zur besseren Lesbarkeit etwas gestrafft – transkribiert:

Paul Schreyer: Also wenn ich so die Medienberichte lese zum Thema Verschwörungstheorien, die ja immer wieder auftauchen, dann entnehme ich dem Tenor, dass es eigentlich Verschwörungen nicht gibt, zumindest wenn sie eine gewisse Größe haben. Es gibt nur ganz kleine Verschwörungen. Also größere Verschwörungen, die wirklich auf viele Jahre eine Wirksamkeit entfalten, die internationale Wirksamkeit entfalten, die gibt es nicht. Das kann es einfach nicht geben, weil das käme ja raus, weil wir ja in einer offenen Gesellschaft leben, mit einer freien Presse, und man kann das einfach nicht geheim halten. Und wenn viele Leute beteiligt sind, das kommt einfach raus. Und das ist für mich so der Konsens, der Tenor. Und dazu habe ich was mitgebracht. Das ist jetzt gar nicht überheblich gemeint oder so. Diese ganzen Dinge haben ja was mit Wissensstand zu tun. Ich werfe Leuten nicht vor, wenn sie Dinge nicht wissen. Andere sagen ja, Wissen ist eine Holschuld, man muss sich halt informieren. Aber so wie ich den Alltag von vielen Menschen erlebe, ist da kein Raum um sich irgendwie groß zu informieren (Anm.: Vielen Dank für diese Klarstellung, die der Lebensrealität vieler Menschen entspricht). Also ich werfe das keinem vor, wenn man wenn man Wissen nicht hat. Deshalb versuchen wir es auch zu vermitteln bei Multipolar. Ich habe einfach noch mal ein ganz altes Papier rausgeholt. Du kennst das. Du kennst es, wenn du es schon siehst. 1962. Das ist eine ziemlich bekannte Sache, aber ich glaube, es kennen auch nicht alle.

Das ist ein Dokument. Ein militärisches Dokument zur Operation Northwoods. Northwoods ist ein Plan gewesen aus dem Jahr 1962. Und das war geheim bis Ende der 90er, also 35 Jahre war das geheim. Justification for US Military Intervention in Kuba, also Thema Rechtfertigung einer Militärintervention in Kuba. In Kuba gab es ja damals die Revolution, Fidel Castro, und die Amerikaner flogen raus. Die Insel war vorher der Spielplatz der Amerikaner für die ganzen Unternehmen usw. Die flogen dann raus unter den Kommunisten und Castro. Und die wollten die Revolution rückgängig machen in den ganzen Jahren. ’61 wollten sie da landen, ist gescheitert und so. Und in diesem ganzen Kontext gab es einen Plan von den Joint Chiefs of Staff. Das ist der Vereinigte Generalstab, das ist das höchste militärische Gremium in den USA, und die haben ein Papier entwickelt im März ’62 Was können wir machen? Wie können wir einen Vorwand schaffen, damit die amerikanische Öffentlichkeit mitgeht, dass wir eine Invasion auf Kuba machen? Ja, wir müssen einen Vorwand schaffen. Was können wir machen? Und es ist also unterschrieben von Lyman Lemnitzer. Das ist der oberste Militär gewesen zu der Zeit in den USA. Und er sagt im Anhang: Wir brauchen einen Täuschungsplan, cover and deception plan. Und da kennt man viele Aspekte. Zehn Seiten lang ungefähr. Und ich habe hier mal nur die wichtigsten Sachen. Also wir könnten zum Beispiel ein Schiff in einem Hafen auf Kuba versenken und dann Beerdigungen mit Fakeopfern durchführen. So mal ein Punkt. Oder wir könnten ein ein amerikanisches Kriegsschiff im kubanischen Hafen in die Luft sprengen und das Kuba anhängen. Und die Opferlisten in amerikanischen Zeitungen would cause a helpful wave of national indignation also, würden eine hilfreiche Welle der nationalen Empörung auslösen. Also steht hier drin. Und wir könnten auch eine kommunistische kubanische Terrorkampagne in der Gegend von Miami organisieren. Und auch in Washington könnten wir so eine Terrorkampagne organisieren, die dann angeblich Kubaner gemacht haben. Das schlägt der oberste US Militär hier vor. Wir könnten auch exploding a few plastic bombs in carefully chosen spots, ein paar Bomben an öffentlichen Plätzen explodieren lassen. Dann könnte man kubanische Agenten festnehmen und vorbereitete Dokumente veröffentlichen, die dann plausibel machen, dass die Kubaner das gemacht haben. Und das wäre sehr hilfreich, in projecting the idea of an irresponsible Government – die Idee zu verbreiten, dass es sich bei der kubanischen Regierung um eine völlig unverantwortliche Regierung handelt. Ein weiterer Vorschlag und man könnte auch Vorfälle mit Flugzeugen organisieren, wo Flugzeuge ausgetauscht werden und dann andere Flugzeuge abgeschossen werden. Und ganz komplizierte Planungen, könnte man alles machen und wir sollten das auch machen, damit wir endlich eine Invasion auf Kuba machen können. Das ist ein Plan auf oberster Ebene vom höchsten US-Militär. Und Kennedy hat gesagt, der da ja noch lebte, ein Jahr vor seinem Tod. Nein, das machen wir nicht. 

Den Plan haben jetzt aber nicht nur drei Leute gesehen. Den haben die Joint Chiefs of Staff gemeinsam unterzeichnet. Der vereinigte Generalstab des US-Militärs hat das für gut befunden im März 1962. Wir sollten das machen. Diverse Terroranschläge inszenieren, auf amerikanischem Boden Staatsbürger sterben lassen, Fake Beerdigungen, Flugzeuge austauschen, Deception Plan, Täuschungsplan, was du willst. Alle haben zugestimmt. Und eine Person an der Spitze, der Präsident, der damals noch lebte, hat gesagt: Nein, das machen wir nicht. Wie der damalige Verteidigungsminister Robert McNamara sich dazu gestellt hat, ist nicht bekannt. Da gibt es keine Akten drüber, ob er dagegen oder dafür war. Aber die anderen waren alle dafür. Dann ist der Stempel drauf. Späterer Stempel systematical reviewed by Joint Chiefs of Staff im Mai ’84 haben sie noch mal drauf geguckt. Nach 20 Jahren sollte man das noch geheim halten? Sollte man auf jeden Fall noch geheim halten.

Sven Böttcher: Wann ist es denn rausgekommen? Ich kenn die Geschichte.

Paul Schreyer: Deswegen mache ich das so ausführlich, weil “das würde ja rauskommen”. Es ist nicht rausgekommen. Für mich ist das hochinteressant, deswegen nehme ich mir die Zeit dafür. ’91, da werden sich viele noch erinnern, gab es einen Film in den Kinos – JFK von Oliver Stone – wo er ganz verrückte Theorien zum Mord von Kennedy ausbreitet. Also ganz verrückt in Anführungszeichen. Also Theorien, die nicht so zu dem passen, was man bisher so kannte. Dieser Film JFK von Oliver Stone, ein Spielfilm, war einer der meistgesehenen Filme des Jahres 1991. Er hat viele Preise bekommen, hat eine große Aufmerksamkeit erfahren und hat auch die politischen Debatten zum Kennedy-Mord und den Ereignissen in den 60er Jahren wieder Feuer gegeben. Dieser Film, das ist jetzt kein Scherz, dieser Film hat dazu geführt, dass in der Clinton Administration eine Regierungsbehörde initiiert wurde – das Assassination Records Review Board ARRB. Also es wurde ein Gremium von der Regierung einberufen, dass alle Dokumente, die im Zusammenhang mit dem Kennedy-Mord stehen, nochmal systematisch überprüft und nochmal schaut, was man davon jetzt veröffentlichen sollte. Dieses Gremium hat das in den 90er Jahren in die Finger gekriegt und hat gesagt: Das veröffentlichen wir jetzt. Dann ist es Ende der 90er rausgekommen. Dann gab es eine CNN Doku 1998, da lief das im Fernsehen, ’98 im amerikanischen Fernsehen, dass es das gab. Dann hat der US-Autor James Bamford, der sehr renommiert ist, 2001 ein Buch über die NSA geschrieben. Da hat er ein ganzes Kapitel über Operation Northwoods (geschrieben). Das ist 2001 auch in deutscher Sprache erschienen im Bertelsmann Verlag. Nicht im Kopp Verlag, im Bertelsmann Verlag. Und daher weiß ich es. Ich habe es 2001 erfahren, als ich das in dem Bamford-Buch gesehen hatte. Diesen CNN-Bericht von ’98, den habe ich ja in Deutschland nicht gesehen. Also mein Punkt ist, das ist rausgekommen und der Spiegel hat 2003 auch geschrieben: ja, es gab ja damals Operation Northwoods, aber es ist ja alles rausgekommen. Es ist rausgekommen aufgrund eines so unwahrscheinlichen Ereignisses, weil ein Regisseur einen Film gemacht hat, der eine Welle der Empörung ausgelöst hat. Ein Präsident, dem das nahe stand, gesagt hat: Wir machen (das) jetzt, wir gucken uns noch mal die alten Akten an. Dann ist es freigegeben worden. Ein paar Medien haben darüber berichtet, und jetzt wissen wir es. Aber ganz ehrlich: Wer weiß das? Wer? Wie viele Leute in Deutschland wissen das?

Sven Böttcher: Sagen wir mal, es wissen die paar, die sich dann nach dem 11. September gewundert haben über zum Beispiel die Operation Northwoods und anderes. Da haben wir es dann gefunden. Ja, aber man muss sich den Zeitraum klarmachen, da hast du völlig recht. Ja, das kommt dann ja auch raus, wie man sagt. Zu den Verschwörungstheorien waren ja auch nur 30 Jahre.

Paul Schreyer: 35 Jahre! 35 Jahre hat keiner drüber gesprochen und dutzende wussten Bescheid darüber.

Bitte beachtet auch die Spendenhinweise im Text unter dem Youtube-Video, damit solche Gespräche möglich sind und auch multipolar die für die Gesellschaft so wichtige Arbeit fortsetzen und den Rechtsstreit mit der Anwaltsarmada des RKI durchstehen kann.


Falls jemand meine Arbeit unterstützen mag, gerne hier entlang.