Das Bundesverfassungsgericht ist ein Leuchtturm in Deutschland und auf der Welt. Jedenfalls war es dies für mich und für viele andere einmal. Wegweisende Entscheidungen, die Grundrechte durchsetzten gegenüber einem übergriffigen Staat waren Ankerpunkte in der Ausgestaltung der Demokratie, weil das Bundesverfassungsgericht sie für diese als konstituierend einstufte. Wenn der Wesensgehalt dieser Grundrechte nicht mehr vorhanden ist, kann es im Umkehrschluss keine Demokratie geben. Sie sind doch noch da, die Grundrecht, werden nun viele denken. Sie stehen doch im Grundgesetz. Was von ihnen und ihrer Bedeutung allerdings nach der Coronakrise noch übrig ist, steht auf einem anderen Blatt. Millionen Menschen mussten die Erfahrung in der Coronakrise machen, dass die Grundrechte ihnen keinen Schutz boten, weil die Gerichte sie schlichtweg nicht mehr durchsetzten. Sei dies nun die Versammlungsfreiheit und die Meinungsfreiheit, der Schutz der Wohnung, die freie Berufsausübung oder gar das Recht auf körperliche Unversehrtheit. Sie alle hatten ihre einstige Bedeutung verloren. Sogar die Menschenwürde war antastbar, weil man Menschen abhängig davon, ob sie bereit waren, sich einem medizinischen Eingriff mit genetischen Impfstoffen zu unterziehen, zu reinen Objekten degradierte, die rechtlos gestellt wurden, weil sie angeblich den gesunden Volkskörper gefährdeten.
So weit ging dies aus der Sicht vieler Betroffener vor Kurzem in diesem Land, auch wenn für die andere Seite diese Worte verrückt und anmaßend klingen mögen. Dabei fand dies alles mit Ankündigung statt. Den Grundstein legten politisch Jens Spahn und Angela Merkel, die sich über die Legislative erhoben. Diese außer Kontrolle geratene Exekutive wurde gestützt vom höchsten deutschen Gericht, dem Bundesverfassungsgericht, dessen Präsident Stephan Harbarth erklärte, dass die Grundrechte noch gelten, aber anders als vor Corona. Was für eine unglaubliche Anmaßung. Der Aufschrei, den diese Aussage nach sich ziehen hätte müssen, blieb allerdings aus. Es gelang durch Angst- und Solidaritätskampagnen offensichtlich auch, das Prüfungsschema zu kippen, anhand dessen sich Juristen eigentlich an der Grundrechtsprüfung entlang hangeln hätten können. Grundrechte hat man von Geburt an. Man muss nichts für sie tun. Sie geben einem einen Schutz gegen einen übergriffigen Staat. Freiheitsrechte sind im Wesentlichen als Abwehrrechte gegen diesen ausgestaltet. Eingriffe in diese haben hohe Hürden. In der Coronakrise wurden sie jedoch schlicht weg umdeklariert zu Anspruchsrechten. Nicht mehr der Staat musste begründen, warum er in die Grundrechte eingriff. Nein, die Bürger mussten sich rechtfertigen, wenn sie einfach ihr Leben leben wollten. Grundrechte waren auf einmal Anspruchsrechte einer irrational verängstigten Mehrheit, die vom Staat verlangte, die mangels Rechtsstaat schutzlos ausgelieferte Minderheit zu tyrannisieren und sie zu separieren, um sie vor einer vergleichsweise harmlosen Infektion zu schützen.
Finalisiert wurde diese Phase mit der Ankündigung des frisch ernannten Bundeskanzlers Olaf Scholz, dass es ab sofort keine roten Linien mehr gebe. In meinem Verständnis sind rote Linien vor allem die Linien, die wir aus unserer historischen Erfahrung für ein „nie wieder!“ und bereits ein „Wehret den Anfängen!“ eingezogen hatten: Die Grundrechte, der Föderalismus, die Gewaltenteilung und hier im Speziellen der Nürnberger Kodex. Diese roten Linien sollte es also nicht mehr geben, wie Millionen Ungeimpfte leidvoll erfahren mussten.
Umso elektrisierter war ich, als ich eine gemeinsame Ankündigung des Bayerischen Anwaltsvereins und des Deutschen Juristinnenbunds entdeckte. Eine Lesung der ehemaligen Richterin am Bundesverfassungsgericht, Prof. Dr. Susanne Baer. Die Veranstaltung hieß „Rote Linien: Wie das Bundesverfassungsgericht die Demokratie schützt“. Volltreffer. Da muss ich hin. Zumal es um DIE Demokratie geht. Oder etwa nicht? Nicht so ganz. Denn in den Programmhinweisen wurde es detaillierter. Oder ehrlicher. Je nach Perspektive. Jedenfalls wurde dort in gewohntem Duktus gefragt, wie das Bundesverfassungsgericht UNSERE Demokratie schütze und wie das Gericht selbst geschützt würde. Na also. Das trifft die Wahrnehmung der Opfer der Coronapolitik in Zeiten der Brandmauer schon zielsicherer. Der gesamte Ankündigungstext lautete wie folgt:
Rote Linien: Wie das Bundesverfassungsgericht die Demokratie schützt im PresseClub mit Susanne Baer, Richterin Bundesverfassungsgericht a.D.
Diskutieren Sie mit uns am Mittwoch, 22. Oktober 2025, 18.Uhr, s.t.
Hybrid: im Presseclub München, Marienplatz 8, 80331 München / online
Am 13. September 2025 wurde Prof. Dr. Susanne Baer, Richterin am Bundesverfassungsgericht a.D., zur Präsidentin des Deutschen Juristinnenbundes (djb) gewählt. Gleich zu Beginn ihrer
Amtszeit kommt sie nach München – wir freuen uns sehr über ihren Besuch! Gemeinsam mit dem Bayerischen Anwaltverband e.V. (BAV), vertreten durch Vizepräsidentin Ilona Treibert, laden wir Sie herzlich zu einem besonderen Abend ein.
Nach der Begrüßung durch Renate Maltry, Vorsitzende DJB-Landesverband Bayern, eröffnet Ilona Treibert mit einem Impuls: Gleichberechtigung als Auftrag für djb und BAV
Danach spricht Prof. Dr. Susanne Baer über ihre Ziele im djb und stellt ihr neues Buch vor: Rote Linien: Wie das Bundesverfassungsgericht die Demokratie schützt
Freuen Sie sich auf spannende Einblicke und Diskussionen:
• Wie schützt das Bundesverfassungsgericht unsere Demokratie – und wer schützt das Gericht?
• Wie arbeitet Karlsruhe konkret?
• Wie werden unterschiedliche Stimmen gehört und zu gemeinsamen Entscheidungen geführt?
Zum Abschluss laden wir Sie herzlich zum Empfang und persönlichen Austausch ein.
Es sollte wohl ein feierlicher Abend werden. Ich habe den leider etwas gesprengt – soviel darf ich vorwegnehmen. Das war nicht meine Absicht und es war auch alles zivilisiert. Aber zum Empfang und persönlichen Austausch habe ich es nicht mehr geschafft. Da wäre kein Blumentopf zu gewinnen gewesen. Doch der Reihe nach.
Das Publikum: Überwiegend weiblich. Natürlich. Ich war zu Gast beim Juristinnenbund. Eine Ehre als Mann eine Zusage bekommen zu haben und am Ende auch das Mikrophon. Als Letzter und vielleicht zum letzten Mal.
Zunächst wurden ein paar Frauen gesondert begrüßt. Gisela Sengl, Landesvorsitzende der Grünen in Bayern. Hanna Wolf, ehemalige Bundestagsabgeordnete für die SPD und Kämpferin für Frauenrechte. Anne Riedmüller, Präsidentin der Rechtsanwaltskammer München. Bettina Kaestner und Dr. Laurent Lafleur, Richter am Oberlandesgericht und Pressesprecher. Zuletzt Micky Wenngatz, Stadträtin im Münchner Rathaus für die SPD, selbsternannte Antifaschistin und Vorsitzende der GONGO „München ist bunt“, die sich in der Coronakrise besonders gegen die engagierte, die sich für die Schwächsten der Gesellschaft und damit gegen die SPD und München ist bunt einsetzten. Zuletzt geriet der Verein auch in die Kritik namhafter Münchner Linker wegen seiner Ausgrenzungspolitik.
Die Veranstaltung wurde mit einem Impulsvortrag eröffnet. In Zeiten, in denen Demokratie verteidigt werden muss, bräuchte es Haltung, Mut und einen unerschütterlichen Glauben an die Demokratie. Demokratie sei keine Selbstverständlichkeit, sondern lebe von Menschen, die rote Linien zögen in Bezug auf die Gleichheit. Nach dem Drama um Frauke Brosius-Gersdorf war man in Sorge um die Wahl von Kaufhold und ist nun stolz auf ihre Wahl. Es mag dem unterschiedlichen Erleben geschuldet sein, wenn der Stolz der einen das ungute Gefühl in der Magengrube des anderen ist und die Erwartung, dass man das, was man zu hören bekomme, entweder als unglaubwürdig empfinde oder gar als gefährlich.
Demokratie sei Handwerk und brauche alle Hände. Unterschiedliche Lebensentwürfe empfinde man als bereichernd. Ein Verein solle gegründet werden, um Schüler über Demokratie und Rechtsstaat zu informieren. Ich schaue mich im Raum um, besorgt, dass meine Alarmsirene die Veranstaltung stören könnte. Aber nein, um mich herum ist alles ruhig, alles gebannt. Miteinander reden sei wichtig. Ich werfe einen Blick nach vorne. Micky Wenngatz scheint dabei kein Störgefühl zu haben, was nach den Erfahrungen der letzten Jahre seltsam anmutet. Die Verteidigung der Demokratie geschehe nicht mit Pathos, sondern mit Haltung und Tatkraft. Es geht weiter um die Herausbildung eines Antidiskriminierungsrechts, den Gender Pay Gap bis hin zu Kinderzimmern in blau und rosa.
Dann der Hauptakt des Abends. Lesung aus dem Buch Rote Linien. Es drohe Gefahr. Gerichte, die Menschenrechte schützen, stünden aktuell unter Druck. Für große Entscheidungen habe das Gericht monatelang alles zusammengetragen an Wissen. Es sei unwahrscheinlich, dass es komplett daneben liege. Karlsruhe habe keine Politik gemacht, sondern rote Linien gezogen, was der Gesetzgeber zu tun habe. Beim Klimabeschluss wurde die Freiheit neu – intertemporal – definiert. Die Aktuelle Generation solle nicht auf Kosten der künftigen Generationen leben (keine Politik!). Die Menschenwürde sei migrationspolitisch nicht zu relativieren. Bei Corona sei das BVerfG sehr oft angerufen worden, musste selbst Infektionsschutz betreiben und sah Proteste vor dem Gericht, wo sich Menschen rote Roben überzogen und symbolisch vom BVerfG abwandten. Ich konnte nicht alles mitschreiben und erlaube mir daher aus dem Buch zu zitieren bzw. zusammenzufassen, was mir für meinen Kontext wichtig erscheint.
Aus dem Buch „Rote Linien“
„Wollen Sie in einer Demokratie leben, die diesen Namen verdient, mit gleichen Chancen auf ein selbstbestimmtes Leben, neben- und miteinander? Dann spielen Verfassungsgerichte für Sie eine wichtige Rolle.“ So beginnt das Buch mit der einleitenden Frage nach seiner Existenz und weiter mit einer Frage, die noch mehr Hoffnung auf Erkenntnis und Verständnis weckt: „Wollen Sie in einem Land leben, in dem Sie weder von irgendwelchen vermeintlich Stärkeren oder Schlaueren, weder von großen Unternehmen noch von gewählten Mehrheiten völlig übergangen werden dürfen?“ Ja. Ja. Ja! Endlich kommt die Aufarbeitung der Coronakrise mit ihrer verheerenden Lüge der „Pandemie der Ungeimpften“ – mag man denken. Doch weiter: „Dann sind Verfassungsgerichte für Sie wichtig. Wollen Sie einen Staat, in dem es eine unabhängige Institution gibt, die auch dann, wenn es kontrovers wird, sorgfältig darauf achtet, möglichst alle und alles zu hören, und dann im Konsens klärt, was geht? Und sind Ihnen Urteile gegen Vorurteile wichtig? Dann geht Sie das Verfassungsgericht etwas an.
Ein Verfassungsgericht garantiert das alles natürlich nicht. Aber es ist ein wichtiger Baustein der Demokratie: Es schützt davor, dass niemand unter die Räder kommt. Klar: Da entscheiden nur wenige Menschen sehr viel. Klar auch: Auf diese Personen kommt es an; deshalb sind die Wahlen in dieses Amt speziell geregelt und politisch so wichtig wie heikel. Was ist da entscheidend? Es braucht eine Haltung zu so einem hohen Amt, denn das ist nicht nur fordernd, weil viel Arbeit, sondern auch eine Herausforderung. Aber es kann funktionieren[…]Dabei werden die Herausforderungen nicht kleiner. Auch das Bundesverfassungsgericht muss mit der „Wahrheitskrise“ umgehen, denn immer öfter ist schon umstritten, was eigentlich im Streit steht, also von welchen Tatsachen, von welchen Fakten auszugehen ist.[…]Es ist ja nicht selbstverständlich, dass wenige Menschen nur mit der Verfassung in der Hand den Machthabenden in den Arm fallen. Verfassungsgerichte profitieren deshalb davon, wenn sie kritisch begleite werden. Aber sie brauche Respekt, und genau da ist es brenzlich geworden. Heute sind Gerichte, die auf Menschenrechte und Demokratie achten, eine politisch gefährdete Spezies, eine weltweit bedrohte Art. Wer sie retten will, muss gut mit ihnen umgehen, aber sie eben auch kennen, muss wissen, wie da gearbeitet wird.“
So weit aus der Einleitung. Jeder möge sich ein eigenes Bild machen, ob und wie weit Anspruch und Wirklichkeit auseinanderklaffen oder deckungsgleich sind. Ich gehe davon aus, dass es zwei sich diametral gegenüberstehende Sichtweisen gibt. Aus meiner Sicht kann ich sagen, dass ich zumindest beim Ziel übereinstimme. Das Bundesverfassungsgericht war ein Leuchtturm und sollte es wieder sein. Ich fürchte jedoch, dass es sich selbst nahezu irreparabel beschädigt hat, während ich gerade im weiteren Verlauf den Eindruck hatte, der gesamte Saal sieht die Beschädigung durch Kräfte von außen. Von rechts. Gesteuert aus den USA. Alles andere sei völliger Nonsens.
Ein starkes „Nie wieder“ gegen Diktatur, Willkürherrschaft, gegen Menschenverachtende Verfolgung und Massenmord reklamiert das Bundesverfassungsgericht im gleichnamigen Kapitel. Auch in Bezug auf die dortigen Ausführungen dürfte es die gleiche diametral gegenläufige Sichtweise geben, ob das Gericht diesen Ansprüchen gerecht wurde. So heißt es dort, dass bereits im ersten Entwurf der Satz, dass der Staat um des Menschen willen da sei, nicht der Mensch um des Staates Willen.
„Das ist eine Absage an jede Autokratie, auch wenn sie behauptet, gerade sie sei der „Wahre Wille des Volkes“. Der Satz hat es zwar nicht in die Verfassung geschafft, aber die Absage gilt immer noch. Jetzt stehen am Anfang klar und deutlich die Menschenwürde (in Artikel 1), Die Freiheit (in Artikel 2) und die Gleichheit (in Artikel 3). Also keine Menschenverachtung, sondern Selbstbestimmung im Respekt voreinander, eben gleichermaßen frei.
Für die Grundrechte sind die Menschen in der DDR auf die Straße gegangen und haben die Wiedervereinigung erkämpft.[…]Aber das Ende der DDR war doch ein weiteres „Nie wieder“ zu Unfreiheit, zu gefälschten Wahlen, zu politischer Justiz.[…]Das Gericht muss sich dafür (Anm.: für seine Unabhängigkeit) auch selbst organisieren. Stellen Sie sich vor, eine Regierung könnte vorgeben, wie da gearbeitet wird! Das machen Autokraten, um so ein Gericht zu kapern, in Deutschland geht das nicht; auch dafür wurde 2024 die Verfassung ergänzt.“
Was hier aus meiner Sicht völlig ausgeblendet wird, ist die Möglichkeit, dass ein Gericht gar nicht befehlsmäßig von oben gekapert werden muss. Es reicht, die Köpfe zu kapern. Die kognitive Kriegsführung der Coronakrise führte die Menschen eine völlig irrationale Angst. Es sei daran erinnert, dass ausgerechnet das Bundesverfassungsgericht im Dezember 2021 unter 2G++ verhandelte. Man musste folglich nicht nur geimpft oder genesen sein, sondern auch noch einen aktuellen PCR-Test vorlegen. Eine rationale Begründung hierfür mag nur erkennen, wer noch immer die irrationale Angst, ohne Maßnahmen hätten wir überall Bergamo, vor sich herträgt. Wie kam die aber in die Köpfe? Muss man ein Gericht kapern, wenn man dessen Köpfe kapern kann? Wie wird ein Gericht, das sich freiwillig solchen Regelungen unterwirft, wohl entscheiden? Wohlgemerkt: Es war nicht die Zeit relativer Unsicherheit 2020, sondern als alles bekannt war und man es wissen könnte Ende 2021. Jeder, der es wollte, hatte sich zu diesem Zeitpunkt mindestens 3 Mal mit genetischen Impfstoffen transfizieren lassen können, wenn es es wollte und war damit geschützt, wenn er an die Wirkung der sog. Impfung glaubte. Ein PCR-Test weist keine Erkrankung nach und ist auch bei Infektionen höchst unzuverlässig. Und schließlich schützten die genetischen Impfstoffe niemals vor einer Ansteckung und waren auch nicht als Übertragungsschutz gedacht – was sogar EMA und Hersteller einräumen mussten, so dass dann das Narrativ umgelenkt wurde, in die Behauptung, die sog. Impfung würde vor einem schweren Verlauf schützen und so helfen, die Intensivstationen nicht zu überlasten, die zu keinem Zeitpunkt flächendeckend überlastet waren. Die Begründung für 2G kann jedoch lediglich ein sterile Immunität sein, die die genetischen Impfstoffe nicht zu vermitteln vermochten. Allein damit fällt aber die gesamte Begründung für 2G – die größtes systematische Ausgrenzung in der Geschichte der BRD – krachend in sich zusammen.
Kritische Fragen
Die Organisatorinnen haben nun im Anschluss nach der Lesung kritische Fragen vorbereitet, weil sie, wie sie sagen, „sehr kritisch sind“. Ein versuch, Fragen und Antworten aus dem stichpunktartigen Gedächtnisprotokoll wiederzugeben, mag nicht wortlautgetreu sein. Aber inhaltlich dürfte klar werden, worum es geht. Die Fragen kreisen alle um ein Thema und man muss sich fragen, ob hier nicht die gleiche irrationale Angst vorliegt wie bei Corona. Es geht um den Schutz des Verfassungsgerichts und der Demokratie vor der AfD und vor Kampagnen gegen Ernennung von Richterinnen. Der aktuelle Zustand scheint als ordnungsgemäß und schützenswert angesehen zu werden. Gefahr droht höchstens künftig.
Frage 1: Eine aktive Verteidigung roter Linien ist wichtig, wenn demokratische Institutionen unter Druck stehen wie hier und v.a. in den USA. Kann das BVerfG Autokraten aufhalten?
Antwort: Das BVerfG sei nur reaktiv und kann nicht selbst sprechen. Insofern sei es ein schwacher Akteur, was die Öffentlichkeitsarbeit angeht. Es bräuchte Amici Curiae. Parteien- und Vereinsverbote seien schwierig, aber eine Möglichkeit, Hass und Hetze zu stoppen. Es sei nicht ok, wenn Volksverhetzung stattfindet. Bestes Rezept gegen protofaschistische Tendenzen sei das aktive Tun aller. Ich frage mich, wie das funktionieren soll, wenn doch die überwiegende Mehrheit mitgemacht hat und nehme wieder wahr, dass wir völlig unterschiedliche Wahrnehmung der jeweiligen Realität haben.
Frage 2 zielt auf das Beispiel politischer Einflussnahme bei der Wahl von Frauke Brosius-Gersdorf (FBG) und ob darin eine Gefahr zu sehen sei.
Antwort: Ja, besonders in Ländern, in denen autokratische Kräfte zunehmen, müsse man aufpassen. Im Autokratischen Handbuch sei eines der ersten Rezepte, die Kaperung der Justiz. Wir müssten in Deutschland sehr aufpassen und nicht nur in die USA schauen. Die Nichtwahl von FBG möge ein lauter Schuss für die Politik gewesen sein. Es sei eine Kampagne gewesen, die auf Falschbehauptung in den sozialen Medien fußte und mit 37.000 Mails an Abgeordnete aus einer bestimmten Ecke flankiert gewesen sein soll. Es sei wichtig, dass Parteien Mehrheiten organisieren könnten. Wieder eine völlig andere Wahrnehmung. Denn es gab berechtigte Kritik an FBG. Eine derartige Berufung mit Mehrheiten stellt die Frage, ob dies wirklich so sinnvoll und wichtig ist.
Frage 3: Die Beobachtung der AfD sei rechtlich klar geregelt, aber es komme zu Verzögerungen (bei einem Verbotsverfahren?). Gibt es also diese roten Linien noch?
Man dürfe nicht immer nur in die USA blicken. Wir haben eine Bedrohung von Rechtsstaat und Rechtsstaatlichkeit, die Sorgen machen muss.
Zwischenanmerkung: Ich frage mich, wie weit es mit dem Anspruch an die Rechtsstaatlichkeit her sein muss, wenn man Millionen Menschen entgegen dem Nürnberger Kodex in ein nicht hinreichend getestetes experimentelles gentechnisches Verfahren nudged und nötigt und das dafür zuständige Paul-Ehrlich-Institut sich seit Jahren weigert, seinen gesetzlichen Pflichten nachzukommen und wenigstens die Krankenkassendaten auszuwerten. Wir reden hier von einer konkreten Gefahr für Leib und Leben und nicht von einer abstrakten Gefahr von rechts, die angesichts dieser Zustände erst einmal ein solche Gefahrenniveau erreichen müsste, was sehr schwer sein dürfte. Wenn man mit gleichen Maßstäben messen würde, müsste man jedoch zum Schluss kommen, dass alle am Coronaregime beteiligten Parteien verboten werden müssten. Inklusive der AfD, die vermutlich nur deshalb dagegen war, weil sie immer eine Alternative bieten muss. Daher vielleicht auch der treffende Name. Aber bitte immer der Reihe nach, angefangen mit der SPD, die in beiden Regierungen beteiligt war.
Frage 4: Wir haben Sie die Nichtwahl von Frauke Brosius-Gersdof wahrgenommen?
Antwort: Es war eine konzertierte Machtprobe. Leider habe die falsche Seite gewonnen (Anm.: Diese Aussage erfolgte ohne weitere Begründung). Das Bundesverfassungsgericht sei unter Druck. Autokraten hätten eine ToDo-Liste. Erst Verfassungsgerichte kapern. Dann könnten sie die Medien platt machen. Danach seien die Verbände dran. Gewaltenverschränkung (!) und nicht Gewaltenteilung sei wichtig für die Demokratie. Man solle mit Verwandten diskutieren, die in falsche Gefilde abgedriftet sind. Man solle jeden Tag für 5 Minuten seine Komfortzone verlassen. (Anm.: Also genau wie ich gerade hier?)
Zu Corona: Man musste in der Zeit entscheiden, mit dem Wissen, das damals vorhanden war. (Anm.: Das tat man aber nicht mit dem Wissen, das im RKI vorhanden war, sondern auf einem fiktiven Sachverhalt, wie die RKI-Protokolle zeigen). Nächstes Mal müsse für mehr Wissen gesorgt werden. Es gehe nicht noch einmal, dass die Schulen einfach geschlossen würden. Aber damals: Die Bilder von Bergamo, Laster voller Leichen, New York… (Anm.: Hach!
Man solle aktiv werden und der Lüge entgegentreten. Die Verfassung wurde nicht nur nach 1945 erkämpft, sondern auch 1989. Das müssen wir jetzt wieder machen, angefangen zu Hause, aber auch über die Medien. Am Bundesverfassungsgericht dürfe es keine extremistische Position geben. Sie könne zwar nominiert werden, dürfe aber keine Mehrheit finden.
Soweit zu den nach den letzten 5 Jahren wirklich außerordentlich kritischen Fragen. Es gibt noch zwei weitere Fragen aus dem Publikum. Die Landesvorsitzende der Grünen stößt ins gleiche Horn.
Ich melde mich und stehe an dem Abend unter dem Eindruck der folgenden Ereignisse, die sich innerhalb einer Woche zutrugen:
- Die Juristin Dr. Beate Sibylle Pfeil wird am 13. Oktober 2025 im Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages zur Regelung der Neufassung der Internationalen Gesundheitsvorschriften der WHO in nationales Recht gehört. Im Vorfeld hatte sie die Kritik hieran bereits zusammengefasst, wie hier nachzulesen und nachzuhören ist. Der Verfassungsrechtler Volker Böhme-Neßler sieht eine weitere Einschränkung der Meinungsfreiheit heraufziehen, was das Gegenteil von Demokratie und all dem wäre, was ich eben eine Stunde gehört habe.
- Das Kammergericht Berlin hat entschieden, dass LinkedIn Beiträge löschen darf, die dem Narrativ der WHO, von Regierungen oder dem, was von Behörden wie dem RKI nach außen gegeben wird, entgegenstehen. Wenn man also wiedergäbe was das RKI intern diskutiert und was wir durch die RKI-Protokolle wissen, dürften diese Beiträge in den sozialen Medien gelöscht werden, weil sie dem widerspricht, was die weisungsgebundene Behörde nach außen geben darf. Also wie in der Coronakrise, in der kein Account sicher war, der postete, was mittlerweile Allgemeinwissen ist, aber in der Zeit, als man ungestört Geld verdienen und seine anderweitigen Ziele verfolgen wollte, noch störendes Geheimwissen war, das zensiert wurde.
- Von der Journalistin Aya Velàzquez herausgeklagte Protokolle der AG Impfpflicht, einer interministeriellen „Arbeitsgruppe, die im Winter 2022 den Gesetzesentwurf zu einer allgemeinen Impfpflicht“ vorbereiten sollte, machen deutlich, dass sogar ein Impfzwang diskutiert wurde. Zudem mehrfach zu verhängende Bußgelder, die Menschen hart treffen sollten, die sich einbildeten, ihre Grundrechte auszuüben.
- In der EU sollte über die Einführung einer Chatkontrolle entschieden werden, was im analogen Raum gleichbedeutend damit wäre, dass jeder private Brief geöffnet und durchleuchtet wird, bevor er dem Empfänger ausgehändigt wird. So etwas wäre wohl nicht einmal in der DDR möglich gewesen. Die technischen Möglichkeiten erlauben es nun. Eine Gefahr, dass all diese Werkzeuge einmal Rechten in die Hände fallen könnten, scheint man nicht zu sehen, wo man überall Gefahr von rechts wittert. Die EU macht mit ihrem Ansinnen indes unbeirrt weiter.
- Gegen den Wissenschaftler Norbert Bolz und dem ehemaligen Bundestagsabgeordneten Jürgen Todenhöfer werden Durchsuchungsbeschlüsse wegen Äußerungsdelikten ausgestellt. Der einzige Grund, in einem solchen Fall eine Hausdurchsuchung durchzuführen, ist die Disziplinierung. Der Strafcharakter, wenn einem alle elektronischen Geräte abgenommen werden, die man zur Bewältigung des Alltags benötigt und um seine Existenz durch Arbeit sicher zu können. Genau das sei der Zweck, feixen drei Göttinger Staatsanwälte in einer viel beachteten CBS-Reportage.
Daneben der ganz normale Wahnsinn des New Normal seit über 5 Jahren u.a. mit Kriegen, Klimawandel, Brandmaurerei, die immer bedenklichere weil gewaltvollere Züge annimmt. Das ist also der Eindruck, unter dem ich stehe und wie ein weiterer Eindruck nahe legt, dass ich damit ziemlich allein stehe.
Nun bekomme ich also tatsächlich das Mikrofon auf dieser Veranstaltung. Als Mann. Ich leite ein, an Gisela Sengl gewandt, mit der Bestätigung, dass auch ich die AfD für eine gefährliche Partei halte. Hätte ich es damit bewenden lassen, wäre mir ein Platz am Empfang mit netten Gesprächen wohl sicher gewesen. Doch ich adressierte Gisela Sengl damit, dass dies für mich auch für die Grünen sowie für alle Parteien gelte, die ich für Machtstrukturen halte. In dem Moment spürte ich, dass ich mich eher auf feindlichem Territorium bewegte, auch wenn alles ruhig war. Mein Plan, auf die Roten Linien und Harbarth einzugehen, war vom Tisch durch die Brandmaurerei in jeder Frage und Facette sowie durch das immer wieder erwähnte Drama um Frauke Brosius-Gersdorf. Es mag sein, dass es eine aus den USA gesteuerte Kampagne gegeben hat. Ich möchte das gar nicht bestreiten. Ich möchte auch nicht den rechten Zeitgeist bestreiten und die Existenz eines Playbooks zum Umschwung nach rechts. Ich schreibe darüber selbst hin und wieder. Aber meine Frage zielte darauf, ob es nicht sein könne, dass die Nominierung vonFrauke Brosius-Gersdorf gerade dazu geführt habe, dass das Bundesverfassungsgericht (weiter) beschädigt wurde. Ich war einer der ersten – ohne mediale Kampagne aus den USA – der sich sehr, sehr deutlich zu ihrer Nominierung geäußert hat. Es gab in meiner Wahrnehmung drei wesentliche Kritikpunkte an ihr. Ihre Aussagen zur Abtreibung, ihre Einstellung zur AfD bzw. zu einem möglichen Verbotsverfahren und ihre Haltung in der Coronakrise mit ihrer Begründung von 2G und Impfpflicht, die sie für wissenschaftlich hielt. Meine sehr deutliche Kritik zielte auf Letzteren Punkt. Vielleicht hätte ich nicht ausführen sollen, dass Brosius-Gersdorf einen wirklich sehr einfachen Sachverhalt nicht verstanden hat. 2G hatte keine Rechtfertigung, weil die Transfektion mit genetischen Impfstoffen keine Ansteckung und keine Weitergabe des Virus verhinderten und dafür auch nie vorgesehen waren, wie der Hersteller und auch die EMA mittlerweile einräumen mussten. Was erwarte ich mir, wenn eine Richterin antwortet, die dies mit entschieden hat? Und so kam es wie es kommen musste. Höflich wies mich Susanne Baer darauf hin, dass es immer gefährlich sei, wenn man sich im Besitz der Wahrheit wähnte. Allein, das tue ich im Vergleich zur Gegenseite ja gerade nicht, sondern versuche seit Jahren mit immensem Aufwand der Wahrheit etwas näher zu kommen. Also genau das, was die andere Seite, die immer noch an die Bilder von Bergamo, Drosten und die nebenwirkungsfreie Spritze glaubt, eben nicht tut. Aber ich saß nicht auf dem Podium und hatte kein Mikrophon mehr. Sie hatte den Applaus. Obwohl sie sich in ihrer Begründung auf den Drosten-Podcast (!) und die Bilder von Bergamo bezog. Ende 2025. Da war es wieder. Das Gefühl in einer Versammlung zu stehen und das Wort an die Anwesenden zu richten, die jedoch eine völlig andere Sprache sprechen, kein Wort von dem verstehen, was ich sage und vermutlich denken, da spricht wieder so ein durchgeknallter Rechter. Und andersrum. Wir sprechen noch immer völlig andere Sprachen. Die Bilder von Bergamo sitzen noch immer so tief in den Köpfen, dass man sie dort nicht mehr herauszubekommen scheint, obwohl sie nun über Jahre schon dutzendfach eingeordnet wurden. Und Drosten, naja.
Überleben oder: Die Coronakrise auch für das Grundgesetz
So lautet ein weiteres Kapitel im Buch „Rote Linien“, das ich hier noch einmal aufgreifen möchte, weil es mir im Kern genau um dieses Beispiel geht, das so plastisch wie kaum ein anderes aufzeigt, was alles falsch lief. Ich bin überzeugt davon, dass dies mit der Zeit auch immer mehr Menschen erkennen werden, auch wenn sie die Bedeutung nicht verstehen, weil sie es nicht bewusst erlebt und gespürt haben.Nur ein paar wenige Highlights aus dem Kapitel, das natürlich nicht in Gänze wiedergegeben werden kann.
„Die Bedenken waren breit gestreut; auch die zivilgesellschaftlich engagierte Gesellschaft für Freiheitsrechte, die GFF, wollte sich zwar ‚nicht ins Lager der Schwurbler und Coronaleugner geschlagen’ haben, bereitete aber Klagen vor.“ An diesem Satz ist mehreres bemerkenswert. Die Aussage der GFF steht selbst in Anführungszeichen. Es wird zitiert. Doch was soll „zwar…aber“ bedeuten, das die Aussage einrahmt? Hält Susanne Baer selbst solche ngOs für Schwurbler und Coronaleugner? Ist damit jeder gemeint, dem die Maßnahmen zu weit gingen? Bei der GFF verwundert dies insbesondere, weil ich mich noch an den ein oder anderen bestürzenden Austausch erinnern kann. Der Vorsitzende Ulf Buermeyer hat mich schließlich auf Twitter blokciert. Er ist wohl eher dem Lager der Coronahardliner zuzurechnen, weshalb mich ein engagiertes Vorgehen der GFF doch sehr wundern würde.
„Was geschah?“ – fragt die Autorin in einer Zwischenüberschrift. „Im März 2020 starben im italienischen Bergamo die Menschen. Lastwagen brachten nachts die Leichen aus dem Ort, später auch in New York.“ Es ist schwer zu ertragen, derartiges noch Ende 2025 lesen und hören zu müssen. Bergamo wurde vom BR bereits im April 2021 eingeordnet, allerdings in einem Online- Artikel von dem man anscheinend nichts mitbekommt, wenn man das möchte. Ich selbst habe aus Verzweiflung einmal versucht, die Tagesschau in einfacher Sprache mit den Bildern von Bergamo nachzubilden, damit es breiter verstanden wird. Es könnte einem aber auch selbst auffallen, dass es keine tödliche Killerpandemie rund um den Globus gegangen sein kann, wenn im Wesentlichen immer nur das gleiche Beispiel bemüht werden kann.
„Dann tauchte plötzlich Long Covid auf, eine schwere chronische Erschöpfungskrankheit, die alles unmöglich werden lässt.“ Wer starb denn? Es waren in der Regel alte Menschen, die die statistische Lebenserwartung bereits überschritten hatten. Wie viele bekamen Long Covid? Wie viel davon war psychisch durch die Angstkampagne und Vereinsamung? Wie viel davon ist eigentlich ein massiver Impfschaden? Das wären die spannenden Fragen, die zu wenig gestellt werden. „Dann tauchte plötzlich Long Covid auf, eine schwere chronische Erschöpfungskrankheit, die alles unmöglich werden lässt.“ Wer starb denn? Es waren in der Regel alte Menschen, die die statistische Lebenserwartung bereits überschritten hatten. Wie viele bekamen Long Covid? Wie viel davon war psychisch durch die Angstkampagne und Vereinsamung? Wie viel davon ist eigentlich ein massiver Impfschaden? Das wären die spannenden Fragen, die zu wenig gestellt werden.
„Auch hatte „der Staat“ nicht etwa zu viel Macht, sondern eher zu wenig, weil Gesundheitsämter schlecht ausgestattet waren, die Notaufnahmen und Intensivstationen der Krankenhäuser voll, das Personal wurde knapp.“ Ein Fachmann wie Dr. Friedrich Pürner, Mitautor des bay. Pandemieplans, von dem komplett abgewichen wurde, wurde strafversetzt, weil er sein Gesundheitsamt im Griff hatte. Aber das war „dem Staat“ dann wohl doch zu viel Macht. Die Intensivstationen waren nie flächendeckend überlastet, dafür wurden flächendeckend vom Personal Tänze aufgeführt, was doch etwas verstörend wirkte.
Ich denke, es ist klar, wohin die Reise geht. Im Folgenden schildert Susanne Baer die schwierigen und eigentlich unzumutbaren Bedingungen, unter denen das Bundesverfassungsgericht arbeiten musste, um mit dem Satz zu schließen: „Aber wir hatten keine Alternative.“ Das ist das Selbstverständnis eines selbst durch die mediale Angstkampagne irrational verängstigten Gerichts. Wer wenn nicht die Gerichte und davon das höchste deutsche Gericht hätten dem Spuk ein Ende setzen können, wenn sie nur den richtigen Sachverhalt ermittelt und zu Grunde gelegt hätten?
Das gesamte Kapitel ist aus meiner Perspektive und als jemand, der selbst große Demos mitorganisiert hat, nur schwer zu ertragen. Gewalt auf Demos soll zugenommen haben. Sie seien irgendwie von rechts dominiert. All das was die Leitmedien berichtet haben, scheint Susanne Baer für bare Münze genommen zu haben. Ein weiteres Beispiel, wie wenig das Buch und damit wohl auch ihr Handeln die Realität widerspiegeln. Es wimmelt in dem Kapitel nur so von Kampfbegriffen – wobei „Coronagegner“ selbst für mich kreativ neu war. Waren wir nicht auf beiden Seiten irgendwie Coronagegner?
Baer zeigt auf die USA, auf Polen und Ungarn, um aufzuzeigen, was in einem autoritären Staat passieren kann. Sie vermag nicht zu sehen, was bei uns passiert ist. Sie lässt sich despektierlich über Querdenker aus, die ja angeblich die einzigen seien, die die Verfassung schützten. Aber genau das war der Fall. Ein Bundesverfassungsgericht, das keine Alternative in den Maßnahmen sah, konnte es wohl kaum leisten, auch wenn es selbst davon ausgeht, dies getan zu haben. Sie versteht nicht, wie Menschen hinter Richter Dettmar stehen können, den sie für einen Straftäter hält, während sie sich als integre Richterin zu sehen scheint. Einen Heldenstatus wird aber wohl eher derjenige erreichen, der sich gegen ein Unrechtsregime wehrt, nicht wer es stützt. Das ist nur vorübergehend, solange es das Regime gibt. Das war in der Geschichte schon immer so.
Was die Impfung anbelangt, glaubte (!) Baer der Wissenschaft und Gremien wie dem Ethikrat, deren damalige Vorsitzende, Alena Buyx, sich mit grotesken Falschinformationen im öffentlich-rechtlichen Fernsehen hervortat. Diesen Menschen scheint Baer ohne begründete Zweifel zu vertrauen und kann nicht nachvollziehen, dass „beunruhigend viele Menschen“ der Forschung nicht trauten. Auf dieser Grundlage hielt dann die sog. sektorale Impfpflicht auch vor dem Bundesverfassungsgericht stand, obwohl bereits zu diesem Zeitpunkt die Lügen der Pharmakonzerne und der offiziellen Stellen Legion waren. Und so konstatiert auch Baer, dass es keine „unzumutbaren Impfrisiken“ gegeben habe. Bei dem Medikament mit dem gigantischsten Nebenwirkungsprofil, das die Welt wohl bisher gesehen hatte. Das ist schon spektakulär. Abgesehen davon hätte eine verpflichtende Transfektion mit den genetischen Impfstoffen schon alleine daran scheitern müssen, dass sie keine Verbreitung des Virus verhindern konnten und zu dem Zeitpunkt jeder, der es wollte mehrfach transfiziert sein konnte. In anderen Ländern hob man alle Maßnahmen auf. In Deutschland legte man noch einen mehr als autoritären Zacken zu.
Zur Bundesnotbremse meint Baer, dass dem Gesetzgeber „verfassungsrechtlich nichts vorzuwerfen“ war. Meine bescheidene Meinung: Wenn das Bundesverfassungsgericht rote Linien setzen will, wie im Buch behauptet wird, wenn es als Bollwerk für ein „Nie wieder!“ und ein „Wehret den Anfängen“ gelten will, hat es mit dieser Entscheidung versagt, die die Grundrechte an die Mitteilung eines nicht belastbaren Wertes durch das RKI knüpfte. Hier sehe ich gewaltigen Handlungsbedarf für die Zukunft, wenn verhindert werden soll, dass so etwas oder Schlimmeres noch einmal passiert. Wir sprechen hier immerhin bereits vom April 2021. Da konnte man nun wirklich genug wissen und hinzu kommt, dass es die – wenn man sie dafür hielt – lebensrettende Impfung nun gab. Die Risikogruppen müssten zu dem Zeitpunkt bereits geschützt gewesen sein, wenn sie an den Schutz glaubten.
Baer denkt zum Abschluss des Kapitels, dass Karlsruhe überprüft habe, was man wissen konnte, als die Regelungen in Kraft traten. „Der Umgang mit unsicherem Wissen, auch mit Fake Science als Daten, die wie Wissenschaft aussehen, aber Ideologie sind – das wird künftig wohl alle noch mehr beschäftigen.“ Es fällt auf, dass Baer ausschließlich Leitmedien heranzieht soowie Artikel von Coronahardlinern. So mag sie bis heute nicht erfahren haben, dass es diese Seite war, die Fake Science produzierte. Das erfährt man, wenn die Verantwortlichen ins Plaudern kommen, wie der Soziologe Heinz Bude, Mitglied in der COVID-19 Task Force des Bundesministeriums des Inneren. Sie gaben den Menschen etwas an die Hand, das wie Wissenschaft aussah. Das offizielle Narrativ war das, was Baer eigentlich meinen müsste. Ich halte das Buch für ebenso wertvoll wie Budes Einlassungen. Es sind Dokumente der Zeitgeschichte.
Frauke Brosius-Gersdorf
Wenn man sich fragt, warum das Bundesverfassungsgericht gehandelt hat, wie es gehandelt hat, kommt man nicht umhin, auf die Besetzung zu schauen. Wie erwähnt, fanden die Anwesenden es ein Drama, dass Frauke Brosius-Gersdorf nicht gewählt wurde. Ich hatte bereits erwähnt, dass mich die massive Unterstüzung für Frauke Brosius-Gersdorf völlig aus meinem ursprünglichen Konzept gebracht hatte. Für mich war es vollkommen unbegreiflich, wie man so jemanden nominieren konnte und der Ansicht war, dies würde dem Bundesverfassungsgericht nicht schaden. FBG bekam beim Narrativeinbläuer Markus Lanz sogar noch eine eigene Sendung, um sich dort als Wissenschaftlerin darstellen zu dürfen, die sie in dem Bereich, um den es mir geht schlichtweg nicht ist, weil sie ganz offensichtlich nicht in der Lage ist, einen wirklich sehr einfachen Sachverhalt zu erfassen. Weder war eine „Impfung“ nötig (die gar keine war), noch waren Geimpfte dadurch geschützt und sie wurden auch nicht durch Ungeimpfte in Gefahr gebracht, sondern durch ihr eigenes Verhalten und ihre Neigung zu experimenteller Gentechnik und so verheerenden wie unnötigen Lockdowns etc. Und gleichwohl plädierte sie für 2G und Impfpflicht – nicht auf einem Sachverhalt aus der Realität, sondern auf ein Grundlage eines Märchens. Auf dieser lausigen Grundlage überlegte sie sogar, ob der Gesetzgeber nicht gar verpflichtet sei, eine Impfpflicht einzuführen. Individuelle Freiheitsrechte als kollektive Anspruchsrechte. Was soll schon schief gehen? Rechtsanwalt Carlos Gebauer teilt inhaltlich meine Kritik mit seinen gewohnt höflicheren und stilsicheren Worten. Der Rechtsprofessor Martin Schwab ordnete sie als gesichert verfassungsfeindlich ein. Der Journalist Jakob Schirrmacher nennt sie eine „Agentin der Transformation“. Der Journalist und Autor Milosz Matuschek sieht eine Autoimmunerkrankung unseres Systems. Ulf Heuner hält in der Berliner Zeitung jemanden, der sich derart vom Zeitgeist treiben lässt, für ungeeignet für eine Rolle als Richterin am obersten Gericht. Schließlich ordnet auch Connection News die Kritik an Brosius-Gersdorf gewohnt knapp und übersichtlich ein. Es gab also sehr vielfältige valide Kritik an Brosius-Gersdorf und nicht irgendwelche dubiosen Kampagnen. Von dieser Kritik bekommt man vielleicht nichts mit, wenn man lediglich Leitmedien konsumiert, die irgendwelche Kampagnen von rechts wittern und ins Zentrum stellen, statt sich inhaltlich mit der Kritik auseinanderzusetzen, wie dies unabhängige Medien tun, die man aber dank neuer Zensurmechanismen kaum zu Gesicht bekommt. Ich bin jedenfalls nicht alleine mit meiner Kritik. Es wäre auch nicht so schlimm, wenn sie Brosius-Gersdorf mit ihrer Haltung alleine wäre. Aber das ist sie nicht. Es werden gerade Heerscharen künftiger Juristen von Verfassungsrechtlern ausgebildet, die in der Coronakrise ein sehr eigenwilliges Grundrechtsverständnis gezeigt haben. Ich musste mir daher in Bezug auf diese haltlosen Behauptungen hier im Video mal etwas von der Seele reden.
Ich weise noch einmal darauf hin, dass dies ihre Einstellung im Jahr 2025 ist – und das nicht in Bezug auf eine relative Unsicherheit Anfang 2020, sondern als man bereits alles wissen hätte können – und wenn man in solch einer Stellung eine Stellungnahme abgibt, auch wissen hätte müssen. Sie nimmt nichts davon zurück. Sie bittet nicht um Entschuldigung. Sie ist der Ansicht, Bürgern ihre Grundrecht auf einem Phantaisiesachverhalt abzuerkennen. So jemand hat am Bundesverfassungsgericht nichts verloren. Wer in der Nichtwahl eine Schlappe sieht und denkt, „das falsche Lager“ habe gewonnen, scheint in seinem Denken bereits mehr normalisiert zu haben, als es den kläglichen Resten von Demokratie und Rechtsstaat gut tut.
Der Doppelstaat
Das Zermürbende ist: Susanne Baer hat Recht. Der Rechtsstaat müsste zerstört werden, wenn autoritär bis diktatorisch durchregiert werden soll. Ich bin da voll auf ihrer Seite und sehe ebenfalls diese Gefahr. Jedoch: Ich fürchte, sie sieht nicht, was viele andere bereits wahrnehmen. Otto Fraenkel hat mit seinem Buch „Der Doppelstaat“ beschrieben, wie der Rechtsstaat zertrümmert wurde. Das geschah auf perfide Weise und kaum wahrnehmbar, da für die Meisten der Rechtsstaat noch funktionierte. Er wurde nicht zertrümmert und in Stücke gehauen und schon gar nicht mit einem wahrnehmbaren Akt. Gesetze blieben in Kraft, Gerichte arbeiteten weiter und Menschen bekamen vor Gericht ihr Recht. Im Normenstaat. Was sich parallel dazu manifestierte war jedoch der Maßnahmenstaat, in dem das Recht der Willkür weichen musste. In dem die Gestapo ihre Schreckensherrschaft ausüben konnte und Juden rechtlos gestellt wurden. Im Zweifel entschied der Maßnahmenstaat nach seinem Interesse, ob eine Angelegenheit nach den Regeln des Normenstaats oder nach den Bedürfnissen des Maßnahmenstaats behandelt wird. Fraenkels „These ist, dass Normenstaat und Maßnahmenstaat, obwohl sie einander eigentlich ausschließen müssten, parallel existieren, in einer spannungsvollen, instabilen Dualität: dem Doppelstaat. Recht und Unrecht, gleichzeitig, unter demselben Regime.“
Ich möchte hier nicht die aktuelle Zeit mit der damaligen vergleichen und auch nichts relativieren. Heute funktioniert es anders und gleichwohl muss man konstatieren, dass die Coronakrise einen Maßnahmenstaat hervorgebracht hat, der vom Rechtsstaat nicht eingehegt wurde und bis heute nicht eingehegt wird. Gestützt wird dies von einer Legislative, die nun die Opfer der genetischen Impfstoffe faktisch rechtlos gestellt hat – also noch rechtloser als vorher, als sie alleine gegen Goliath kämpfen mussten. Milliardenschwere Pharmakonzerne werden vom Staat gegen seine eigenen Bürger geschützt. Es geht soweit, dass den Herstellern Immunität zugestanden wurde für eine Immunität, die sie durch ihr Produkt nicht herstellen konnten. Werden sie gleichwohl für das angerichtete Leid verklagt, zahlt der Steuerzahler die Anwaltskosten der Milliardenkonzerne. Staat und Konzerne gingen eine unheilige Allianz ein und kaum einer erkennt es oder stört sich daran.
„Begonnen hatte es damals mit der rechtwidrigen Wahl von Richterinnen und Richtern für das Verfassungsgericht, die dort buchstäblich neben den legitim berufenen Richtern saßen.“
Das ist die Befürchtung, die Vertreter der Possessivdemokratie gerade haben. Das war auch die Begründung für eine Änderung des Grundgesetzes. Doch zu welchem Zweck und mit welchen Folgen, wenn dann Richterinnen wie Frauke Brosius-Gersdorf vorgeschlagen und gerade noch so deren Berufung verhindert wird, während die Seite, die die Gefahr des Doppelstaats und den widerkehrenden Faschismus heraufdräuen sieht, hinter der berechtigten Kritik an Brosius-Gersdorf lediglich eine Kampagne sieht und gerne eine Richterin am höchsten deutschen Gericht gesehen hätte, die in der Coronakrise bewies, dass sie bereit ist, den Corona-Maßnahmenstaat zu verteidigen und dies mit einer wissenschaftlichen Verkleidung zu tun, die für Menschen in der Realität wie ein groteskes Kostüm wirkten.
Ein großer Teil der durch die Coronamaßnahmen Geschädigten wird die Aussagen, die Susanne Baer in diesem kurzen Interview tätigt, kaum mehr nachvollziehen können. Es sei ihr unbenommen, dass sie glaubt, was sie sagt. Sie scheint es nur nicht auf die Opfer der Coronapolitik ebenso anwenden zu können, wie auf Opfer sonstiger Diskriminierung. Und es ist sogar noch schlimmer. Sie erkennt diese Diskriminierung bis heute nicht an. Meine etwas fassungslose Nachfrage an dem Abend, ob man sich wenigstens darauf einigen könne, dass das 2G-System die größte systematische Ausgrenzung in der Geschichte der BRD war, beschied sie mit einem trockenen „Nein“.
Man kann sicherlich anderer Ansicht hinsichtlich der Notwendigkeit und Qualität verschiedener Maßnahmen sein, aber hier geht es um einen unbestreitbaren Sachverhalt. Es dürfte schwer fallen, auch nur ansatzweise eine ähnliche Diskriminierung als Vergleich heranzuziehen. Mir wurde in dem Augenblick klar, dass uns bei allem, was noch auf uns zukommt, der Rechtsstaat nicht schützen wird. Rechtlich werden wir dem allem weitgehend schutzlos ausgeliefert sein. Das war für mich ein mächtiger Appell an die Eigenverantwortung. Vielleicht gelingt es uns irgendwann als Gesellschaft wieder zusammenzufinden und krisenfestere Strukturen aufzubauen. Aber bis dahin ist es ein langer und sehr steiniger Weg in der Dunkelheit. Da müssen wir jetzt erst einmal durch.
Ich komme zum Schluss. Drei Wochen lag der Text vergraben in meinem Kopf und ich konnte ihn ob des nachhaltigen Schocks über die Veranstaltung nicht zu Papier bringen. Ein Zoom-Meeting zur Planung der nächsten Friedensdemo und die anschließende Lektüre des verlinkten Textes über Ernst Fraenkels Doppelstaat ließ mich dann los schreiben bis weit nach Mitternacht. Eben habe ich auf der Heimfahrt durch die menschenleere Nacht noch die Rede des Bundespräsidenten Frank Walter Steinmeier über die Coronakrise und seine mahnenden Worte vom 9. November 2025 über die GroKo unter Merkel und die Ampelregierung unter Olaf Scholz gehört, die ich für ein Dokument der Zeitgeschichte halte. Ich möchte daher mit Ernst Fraenkel schließen.
Im März 1933 schrieb Ernst Fraenkel in der Zeitschrift die Justiz so prophetisch wie trotzig: „Niemand weiß heute in Deutschland wie lange er noch seine Stimme erheben darf…Wir halten die Fahne aufrecht. Auf diese Fahne stehen die Worte: Gegen die Willkür.“ Ein wichtiges und mahnendes Motto in Zeiten, in denen die freie Rede immer weiter eingeschränkt wird und das digitale Gefängnis ausgebaut sowie der technokratische Korporatismus ausgerollt werden sollen.
Nur 3 Tage nach dem denkwürdigen Abend, am 25.10.2025, verlieh die Bürgerinitiative 1bis19 ihren Preis für den „kreativsten“ Umgang mit den Grundrechten dem Bundesverfassungsgericht.
Wer meine Arbeit honorieren möchte, findet unter diesem Link ein paar Möglichkeiten zur Unterstützung zur Auswahl. Vielen Dank!
(Titelbild: Foto Buchcover)
